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Zeitzeuge Friedrich Wiener

Erinnerungen 1944 bis 1946

Erinnerungen 1944-1946
Mitte 1944
Eintritt in die Lehrerbildungsanstalt (LBA) Salzburg
Bomben auf Bad Ischl
Täglich Fliegeralarm in Salzburg
Einberufung zum Volkssturm
Dienst im Postamt Bad Ischl
Die Suche nach Deserteur Wiener
Die letzten Kriegsmonate
Die Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner
Die ersten Amerikaner!
Zwei tragische Vorfälle
Ereignisse am 7. Mai 1945
Dienststellenwechsel
Politische Begebenheiten
UFA-Filmgesellschaft und Künstlergemeinschaft Salzkammergut
Wiederaufnahme meines Studiums
Wahlen am 25.Nov. 1945
Notzeiten
Eine willkommene Spende
Allmählich normalisiert sich der Alltag
Aufruhr im Theater
Aufschwung in allen Belangen


Kunst u. Zeitgeschichte:
Herbert Friedl - Maler,Grafiker; Objekt- und Raumkünstler

Timeline zur Oberösterreichischen Zeitgeschichte 1938

Zeitzeugenberichte

Publikationen
zur Zeitgeschichte


Heimatvertriebene


www.regionalkultur.at
Geschichteclub Stahl



Eintritt in die Lehrerbildungsanstalt (LBA) SalzburgErinnerungen 1944­1946Mitte 1944


Unsere Stadt war bis dahin kaum direkt vom Krieg betroffen.
Die großen Hotels waren zu Lazaretten umfunktioniert worden.
Die beiden Kirchen mussten die Glocken ihres für die Waffenerzeugung wertvollen Metalls wegen als "Kriegsspende" abliefern. Als die größte Glocke vom Turm der katholischen Kirchen gelassen wurde, riss das Seil und die Glocke zerschellte zwischen Kirchturm, Sparkasse und Mesnerhaus. Der Zwischenfall verlief glimpflich und nach dem ersten Schock konnte es sich ein Arbeiter der Firma Brandl – durchaus kein Nationalsozialist – nicht verkneifen, dreimal kräftig "Sieg Heil!" zu rufen. – Wer zu hören vermochte, hörte den feinen Zwischenton und wusste, wie der Ruf gemeint war.

Einige Ereignisse aus den Jahren zuvor:
In der Nacht vom 19. auf 20. September 1942 heulten die Sirenen der Stadt zum ersten Mal im auf- und abschwellenden Dauerton und rissen die Bewohner aus dem Schlaf. Der erste Fliegeralarm in unserer Stadt! Ein nächtlicher Bombenangriff galt München. Nach der Landung der Westalliierten in Süditalien überflogen bald das erste Mal feindliche Bomber unsere Stadt. Im weiteren Verlauf des Krieges wurden Fliegeralarme und Überflüge immer häufiger und gehörten bis 4. Mai 1945 fast zum Alltag. Die Gemeindechronik berichtet uns, dass während des Zweiten Weltkrieges 187-mal Fliegeralarm gegeben wurde.

Am 25. Februar 1944, am letzten Tag der so genannten "Big Week", stürzten in der Nähe der "Jupiter-Bar" in Haiden Teile eines getroffenen deutschen Jagdflugzeuges vom Typ Me 109 in den Ischlfluss. Der Pilot, Feldwebel Gustav Sturm, ein Linzer, konnte sich unverletzt mit dem Fallschirm retten und landete wohlbehalten in den Lindaufeldern. Von einem Bauern, der ihn für einen Amerikaner hielt, wurde der Pilot am Boden "empfangen". Der Feldwebel gab sich zu erkennen und der Bauer rief daraufhin: "Deutsch red´t der Gauner ah nu!"
Im Straßenbild häufte sich das Schwarz in der Kleidung der Frauen und mehr und mehr Männer trugen an den Hüten einen Trauerflor. Es verging fast kein Tag, dass nicht ein weiterer Gefallener von den Fronten des Krieges gemeldet wurde.
In den Sommerferien 1944 versah ich meinen Dienst – wie es im damaligen Sprachgebrauch hieß – bei der "Feuerwehr-HJ"(HJ = Hitlerjugend) im Zeughaus Reiterndorf. Ein-, zweimal pro Woche wurden wir zum Appell gerufen und im Luftschutz, das ist für den Brandfall nach dem Abwurf von Brandbomben, ausgebildet.

Sehr nationalsozialistisch ging es bei diesen Appellen, besser gesagt Übungen, nicht zu. Unser Führer war der Zeugwart des Löschzuges Reiterndorf, Josef Wimmer, vulgo Pacher Sepp, ein pensionierter Holzknecht – und zudem kommunistisch gesinnt. Ich erinnere mich noch genau, dass wir am späten Nachmittag des 20. Juli 1944 von ihm erfuhren, dass auf Adolf Hitler ein Attentat verübt worden war, noch ehe diese Tat Stauffenbergs vom deutschen Rundfunk gemeldet wurde. Er hatte verbotenerweise einen Auslandssender abgehört und dort die Nachricht erfahren. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass es auch solch skurrile Zustände in der damaligen HJ gegeben hat.



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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

Näheres zum Projekt, sowie zur detaillierten Publikationsliste (Stand Oktober 2007) ...