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Zeitzeugenberichte

Vertrieben 1945 aus Südmähren

Einleitung
Meine Familie
Mein Heimatort Prittlach
Krieg 1939–1945
Rückzug der Deutschen; Höhlen als Verstecke; Kämpfe. April 1945
Erste Vertreibung
Der Leidensweg nach der Rückkehr nach Prittlach
Zweite Vertreibung
Stationen in Niederösterreich 1945–1946
Wilhelmsdorf bei Poysdorf
Waltersdorf
Eibistal
Wetzelsdorf
Grosskruth
Mein Heimatort Prittlach


Zeitzeugenberichte

Publikationen
zur Zeitgeschichte


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Geschichteclub Stahl



Der Leidensweg nach der Rückkehr nach Pittnach
Zweite VertreibungErste Vertreibung

So glücklich alle waren, so schrecklich kam jetzt das Inferno. Wir wussten nicht, dass wir nur deswegen zurückgerufen wurden, damit die Tschechen die Menschen als Arbeitskräfte ausbeuten konnten. Es war Mai, die Felder, die Weingärten mussten bestellt werden. In der ersten Wut hatten sie darauf nicht geachtet, dass alles brach liegen würde.

Die meisten durften gleich nicht mehr in ihre Häuser gehen, alle gesund Aussehenden wurden in Häuser getrieben, die als Lager dienten. Die geschlechtskranken Frauen wurden isoliert und mussten in den Stallungen schlafen, die Männer und Burschen auf den Heuböden. Zeitig in der Früh hieß es raus und Sport betreiben, das war über den Misthaufen laufen 20-mal, und wer nicht schnell genug war, wurde mit der Peitsche geschlagen oder musste eine Stunde mit verschränkten Armen am Misthaufen stehen. Frühstück aus Kaffee-Wasser, mittags Kartoffeln, mit den Trieben im Kessel gekocht. Alte Leute wurden, weil sie nicht mehr arbeiten konnten, besonders gequält, nur einige Beispiele:

Johann Hahn, 84, und seine Frau mussten auf einem Häfen tanzen, wenn sie herunterfielen, wurden sie grün und blau geschlagen. Anton Gross wurde aufgehängt, aber nur kurz, damit er nicht tot war, er wurde mit Wasser angeschüttet, damit er wieder zu Bewusstsein kam, das dreimal hintereinander, dann zogen sie ihm das Sakko verkehrt an und banden ihm mit den Ärmeln die Arme nach hinten, damit er sich nicht bewegen konnte. So warfen sie ihn in den Keller, nach zwei Tagen wurde er, von oben bis unten angemacht, wieder halbtot heraufgeholt.

Ernest Oswald erging es ähnlich, mein Onkel Raimund kam vom Volkssturm aus dem Burgenland zurück, er hätte das nicht machen sollen, aber er wusste ja von diesen Vorkommnissen nichts. Er musste in seinem Elternhaus Nr.59, wo die tschechische Kommandantur war, "Navrodi Vibor" (Frondienste) machen, d. h. Klosett räumen, aber mit bloßen Händen, jeden Tag musste er mit dem Schubkarren in die Häuser gehen und alles abholen und in ein großes Depot bringen, schlafen im Stall, nichts zu essen, nur Prügel.

Die Frau vom Tierarzt musste jeden Tag in die Schule gehen und die Senkgrube vom Klosett mit der Hand ausräumen. Auf einer Leiter musste sie runtersteigen, mit der Hand den Kübel füllen und oben wieder in ein Fass leeren.

Der Pfarrer Karl Heinz bekam neuerlich das Hitlerbild auf den Rücken und mit einem Schubkarren, auf dem sich ein Fass Wein befand, musste er durch den ganzen Ort fahren, dabei wurde auf ihn während der Fahrt von beiden Seiten eingedroschen und gespuckt. Die neuen "Besitzer", die sich in die Häuser setzten, holten sich jeden Tag im Lager die Leute zum Arbeiten, zu Essen bekamen sie nichts, und die Tschechen fraßen mit den Russen vor den verhungerten Deutschen. Die Leute bekamen die Ruhr, Arzt gab es keinen, viele starben.

Diese Verbrechen wurden alle unter der Leitung eines Lagerführers aus Prag begangen.

Der Keller vom Lager wurde als Folterkammer für die Soldaten, die nach Kriegsende ohne Waffen nach Hause flüchten wollten, eingerichtet. Dort kamen sie hinein und wurden gotterbärmlich misshandelt. Am liebsten schlugen sie auf die Fußsohlen, bis sie aufsprangen. Ob von dort noch einer lebend herauskam oder nicht, konnten die übrigen Inhaftierten nicht mehr aussagen. Man hörte nur in der Nacht bis in die Ställe die markerschütternden Schreie, es waren dies zum größten Teil Österreicher auf dem Weg in die Heimat.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

Näheres zum Projekt, sowie zur detaillierten Publikationsliste (Stand Oktober 2007) ...