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Maria Pisko – Die Erinnerungen meiner Kindheit im Mühlviertel zwischen 1938 und 1945

Zwischen Viehberg und Sternstein
Aber es kam der Krieg ...
Die Zeit des Rückzuges der Deutschen aus Russland
Der Krieg ging zu Ende ...


Kunst u. Zeitgeschichte:
Herbert Friedl - Maler,Grafiker; Objekt- und Raumkünstler

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Somit die Einberufungen der Männer, und nur wer in der Landwirtschaft zum Arbeiten gebraucht wurde, wurde zurückgestellt.
Ein Onkel von mir war zuerst in Norwegen stationiert. Als er vom Feld noch einmal auf Heimurlaub zurückkehrte, versprach er mir Gummistiefel. Doch er kam nicht wieder ...

Wir hatten damals einen Bauernhof und sehr viele Kartoffeln gepflanzt und den dazugehörigen Samen vermehrt. Es traten Fäulniskrankheiten auf und es mussten alle Stauden und somit die ganze Ernte vernichtet werden. Wir verloren damit eine der wichtigsten Essensgrundlagen. Das Schlimmste aber waren die Kartoffelkäfer, die die Amerikaner von Flugzeugen aus abgeworfen hatten. Diese Tiere waren bis dahin nicht bekannt. Wir Kinder mussten diese von der restlichen verbliebenen Ernte aus den Feldern überall im Dorf abklauben.

Die Kinder hatten in diesen Tagen größte Not. Sie baten bei den Bauern an den Türen um etwas zu Essen wie Kraut, Brot und Milch ...
Kriegsgefangene wie z. B. ein Belgier waren bei uns einige Zeit am Hof beschäftigt. Alle Arbeiten mussten damals händisch verrichtet werden. Tätigkeiten wie Mähen, Heuen, Schnittern und die gesamte Feldarbeit unter Einsatz von Ochsen. Ferner hatten wir nur Karbidlicht. Die Hausaufgaben mussten bei Tag erledigt werden. Meine Arbeit am Hof war das Hinunterschmeißen des Heus vom Schober auf den Futterboden. So klein ich auch war, jeder hatte eine Aufgabe und wurde eingeteilt.
Als vom Kloster behinderte Menschen abgeholt wurden und nicht mehr zurückkamen, da ging in den Dörfern ringsum die Angst um. Schließlich konnte jeder einmal krank werden.

Ein Doppeldecker hatte notlanden müssen auf der Ebene neben dem Bahnhof in Summerau. Das war eine Sehenswürdigkeit, bis das Flugzeug wieder fahrtüchtig war. Mein Bruder machte in Esslingen einen Segelkurs, da schickten wir ihm ein Essenspaket. Im Konsum am Bahnhof gab es manchmal Sonderaktionen zu Weihnachten. Dann konnte man dort für viel Geld Zuckerl und Lebkuchen erstehen, wenn man es sich leisten konnte.

Ein paar Wochen später war das Geschäft im Dorf schon zugesperrt. Polnische Mädchen waren als Dienstboten eingesetzt. Als sich der Krieg ausweitete und die Flieger schon Deutschland bombardierten, bekamen wir einen Jungen namens Klaus aus Berlin in unserer Familie zur Pflege. Weitere Kinder aus den ausgebombten deutschen Städten wurden in der Schule einquartiert. Sie mussten sich hier ohne ihre Eltern zurechtfinden.

Als ich in die Hauptschule nach Freistadt mit dem Zug fahren musste, erlebte ich so allerhand. Verwundete Soldaten, die mit Prothesen auskommen mussten und über weite Strecken unterwegs und ausgehungert waren. Die Klosterschwestern unserer Schule durften nicht mehr unterrichten, sie mussten in der Klausur bleiben. Wir Kinder bekamen Fahrt- und Kostgeld für den Weg zur Schule. Ich bekam keine Brotkarte, da die Bauern Mahlkarten hatten und eigenes Getreide (!). So schrieb ich für meine Freundinnen den Lernstoff ab, damit ich Marken von ihnen für Kuchen bekam.

Ich habe auch meiner schwer arbeitenden Mutter regelmäßig etwas zu Essen mitgenommen. Sie hatte so viele Mühen mit der Arbeit am Bauernhof, da meine älteren Brüder schon in den Kriegsdienst eingezogen waren.
Das war eine Sehenswürdigkeit, bis das Flugzeug wieder fahrtüchtig war. Mein Bruder machte in Esslingen einen Segelkurs, da schickten wir ihm ein Essenspaket.

In Freistadt hatte sich wie vielerorts eine Widerstandsbewegung gebildet. Diese Leute mussten sehr vorsichtig sein. Unser Pfarrer Küttinger war auch eingesperrt worden.

Statt Unterricht haben wir für Verwundete Zellfasern gezupft, um Verbandmaterial anfertigen zu können. Der Bauer Hirsch konnte seine Felder nicht mehr allein abernten, da wurden wir als Schulklasse zum Arbeiten dorthin abkommandiert. Unter den Feldarbeiten gab es Fliegeralarm und alle mussten in die Bäume flüchten, bis Entwarnung kam. In der nächsten Nacht erfuhren wir dann, dass Linz bombardiert wurde.

Mein Onkel und viele Ausländer arbeiteten am Hochofen in den Göring-Werken. Bei diesen Angriffen sind dort viele Leute umgekommen. Da es in diesen kalten Wintertagen Kleidermarken gab, musste ich allein zu meiner Tante nach Linz fahren um einen Mantel zu besorgen. Dieser war sehr dünn und nur halb gefüttert. Um einen Hut zu erstehen, fuhr ich mit dem Zug nach Kaplitz (jetzt Tschechische Republik). Da musste ich auch wieder wegen Fliegeralarm in den Wald flüchten. Fliegeralarm und Schutzsuche gehörten schon zum Alltag.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

Näheres zum Projekt, sowie zur detaillierten Publikationsliste (Stand Oktober 2007) ...