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Brigitta Doppler, geb. Schneidergruber
Erinnerungen aus meiner Kindheit in Rohrbach und Herzogsdorf

Einleitung
Fliegerangriff
Mein Bruder Gottfried
Meine Freundin Helga
Notzeit
Tiefflieger / Beim Windner, Hilkering 6
Die amerikanischen "Befreier"
Gendarm erschossen
"Die Russen kommen"
Russeneinquartierung

Papa kehrt heim am 6.4.1946
Schulzeit
Der weiße Wecken
Landleben im Jahreskreis


Was Mama erzählte.
Berta Schneidergruber
erzählte verschiedene G´schicht´n, die Tochter Brigitta Doppler, aufschrieb.



Zeitzeugenberichte

Publikationen
zur Zeitgeschichte


www.regionalkultur.at
Geschichteclub Stahl



Papa kehrt heim am 6.4.1946Gendarm erschossen      "Die Russen kommen"


Nun verbreitete sich die Kunde, dass die Russen beim Einmarsch in manchen Gegenden schlimm gehaust hatten, und jeder fürchtete sich, vor allem die Frauen. Mama hatte sich daher von der Moam, die im Auszugsstübl beim Nachbarn lebte, ein altes langes Kleid ausgeliehen und dazu ein Kopftuch umgebunden. Doch es wurde ihr allmählich zu heiß und sie zog sich wieder um. Da klopfte es und sie ging ans Türl. Draußen stand ein einzelner Russe mit einer Feldflasche in der Hand, salutierte und bat höflich um Milch. Sie ging in den Keller, füllte die Flasche und gab ihm dazu noch ein Stück Brot, das er sogar bezahlen wollte, aber sie nahm von ihm kein Geld.
Erst nachdem er weg war, merkte sie, wie ihre Knie schlotterten, und sie musste sich setzen.


      Russeneinquartierung
Brigitta Schneidergruber vor dem Windner-Haus

Foto rechts:
Brigitta Schneidergruber
vor dem Windner-Haus, Hilkering 6, 1947/48




An einem Winterabend, als fürchterliches Wetter mit Eisregen herrschte, saßen wir alle beim Windner in der Stube, damit wir nur eine Lampe brennen und dadurch Petroleum sparen konnten. Da klopfte es ans Fenster. Draußen standen russische Soldaten und befahlen dem Bauern, ihr Lastauto, das von der eisglatten Straße in den Graben gerutscht war, herausziehen zu helfen. Der Bauer spannte sein Roß, den Burschl, an und auch der Nachbar sein Pferd. Aber erst als noch zwei Ochsen vorgespannt wurden, konnten sie den schweren LKW aus dem Graben heraus und in den Hof ziehen. Mindestens zehn Männer kamen dann polternd in die Stube herein, während wir uns verängstigt in die Ecke drückten.
Sie verlangten etwas zum Essen und die Bäuerin gab ihnen, was sie gerade hatte: Butter, Eier und gekochte Erdäpfel. In die größte Bratpfanne gaben sie ein großes Stück Butter, als diese aufschäumte, wurden die Kartoffeln hineingeschnitten und darüber die verschlagenen, gesalzenen Eier gegossen. Bald war das Gericht fertig und sie setzten sich um den großen Tisch zum Essen.
Staunend hatte ich alles verfolgt, denn so eine Speise hatte ich noch nie gesehen geschweige denn gegessen. Plötzlich zeigte einer der Russen lachend auf mich und bedeutete mir, dass ich mich zu ihnen setzen und mit ihnen essen sollte. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und griff zu. Nach dem ersten Bissen fragten die andern, die herumstanden, wie es mir schmecke. Ich hatte den Mund voll und sagte: "Hoaß", sie verstanden aber "schoaf" und wunderten sich, denn es gab schon lange keinen Pfeffer mehr im Haus. Ich habe tapfer zugelangt, weil es so gut schmeckte und ich so etwas noch nie gegessen hatte. Bis heute kann ich mir nicht vorstellen, warum sie ausgerechnet mich zum Essen eingeladen haben. Wahrscheinlich habe ich so hungrig ausgesehen. Wir mussten damals sehr bescheiden leben und so war ich den Russen dankbar für so ein unverhofft üppiges Mahl.
In der Nacht schliefen die Soldaten dann teilweise in der Stube auf Stroh oder im Heustadel und konnten am nächsten Tag weiterfahren, als sich das Wetter gebessert hatte.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

Näheres zum Projekt, sowie zur detaillierten Publikationsliste (Stand Oktober 2007) ...