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Zeitzeuge Franz Wurm

Erinnerungen aus dem Leben
eines ehemaligen Kollerschlägers

Der Ort und die Familie
Die Kriegszeit und das Ende des Krieges
Persönliche Erlebnisse aus dieser Zeit:
Der Onkel Edi und der Firmling Franzi
Auszug und Heimkehr – Ende des tausendjährigen Reiches
Besatzung:
Erst die Amerikaner
Dann die Russen
Einkehr der Normalität


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Der Onkel Edi und der Firmling FranziDer Ort und die FamilieDie Kriegszeit und das Ende des Krieges


Mit der Besetzung des Sudetenlandes 1938 bekam man einen Vorgeschmack auf die Ereignisse. Familie Wurm, 1941


Foto:
Familie Wurm, 1941.



Laufend zogen Militärkolonnen durch. Pferdebespannte Einheiten legten Rasttage ein. Die Marställe der Wirtshäuser und die Tennen der Bauern mussten für die Unterbringung der Pferde herhalten. Die Männer im wehrfähigen Alter wurden laufend zu den Stellungen beordert. Kaum ein Haus, aus dem nicht ein Sohn, ein Bruder oder ein Knecht einberufen wurde. Da es Radio oder Zeitungen kaum gab, wurden auch viele Ereignisse des Kriegsverlaufes kaum bekannt. Auf Urlaub weilende Soldaten brachten Kunde von den Kriegsschauplätzen aus ganz Europa und Nordafrika, vom Seekrieg im Atlantik und im Mittelmeer sowie den Feindflügen gegen England. Die Bewunderung der Bevölkerung für die Soldaten mit ihren Auszeichnungen für Tapferkeit vor dem Feind oder besondere Taten wich aber bald tiefer Trauer über die immer häufiger eintreffenden Gefallenenmeldungen.
Der erste Gefallene war Onkel Hubert, einer der Brüder meiner Mutter. Als Matrose ist er mit dem Kreuzer Blücher mit mehreren tausend Soldaten bei Oslo untergegangen.

Das Ritual der Gefallenenehrung war immer dasselbe. Gefallenengottesdienst, dann Gang zum Friedhof unter den Linden zum Heldenkreuz. Aus den Gebeten des Pfarrers kamen immer die Worte "aus dem Lärm der Waffen in die Heimat des Friedens gerufen". Der Ortsgruppenleiter sprach jedes Mal darüber, wie wichtig dieser Heldentod für Führer, Volk und Vaterland ist.

Die Musikkapelle, bestehend aus dem Kaidernschneider, dem Kaiderntoni, dem Scherer und dem Stöbifritzn, manchmal auch verstärkt durch einen auf Urlaub weilenden ehemaligen Musikanten, spielte zum Abschluss das Lied vom "Guten Kameraden", und wie die Marmortafel an der Pfarrkirche zeigt, wurde diese Trauerzeremonie oftmals wiederholt.


Im Kriegswinter 1941/42 wurde eine große Kleidersammlung durchgeführt. Socken, Fäustlinge, warme Kappen, Unterwäsche, auch Pelzsachen waren gefragt. Als es mit Russland losging, haben die alten Männer, die im Ersten Weltkrieg waren, vor den Gefahren der russischen Winter gewarnt. Die zwei Bäckerkuntn, der Hias und der Sepp, beide damals in russische Gefangenschaft geraten, der alte Moar und der Reicherlhans von der Südtirolfront haben über die Probleme in einem Winterkrieg diskutiert. Ab 1943 kam nicht nur der Krieg immer näher, er wurde auch immer spürbarer. Lebensmittel und Bekleidung gab es schon lange nur mehr auf Lebensmittel- oder Kleiderkarte, Zucker, Tee, Kaffee oder Rauchwaren waren kaum mehr zu bekommen. Die Bombenangriffe auf deutsche Städte wurden durch Zuwanderung Ausgebombter und die Bomben auf Städte wie Wels, Linz durch Verkehrsbehinderungen spürbar. Später kamen noch die Flüchtlinge aus Siebenbürgen und dem Banat hiezu und dann Militäreinheiten des ungarischen Hortyregimes.

Kurz vor Ostern 1945 wurden Vorbereitungen für militärische Verteidigung durch Anlage von Panzersperren in den Ortschaften, Panzerdeckungen entlang der Straßen und Aushub von Verteidigungsstellungen von der Bevölkerung getroffen. Diese Stellungen wurden Ende April von Truppen besetzt, wobei besonders Wegscheid als stark befestigter Ort eingerichtet wurde.

Die Nationalsozialisten, besonders der Kreisleiter Tremel, haben Kollerschlag jeden 4. Juli eines Jahres zu einer Machtdemonstration genutzt. HJ und DJ Gruppen mit Fanfarenbläsern des Bannes wurden versammelt, BDM-Gruppen haben mit heroischen Chören einen Beitrag geleistet. Ansonsten war es um die Partei und ihre Vertreter im Ort relativ ruhig. Es wurde niemand denunziert, es gab aber auch keine offene Gegnerschaft – einzig Pfarrer Kerschbaummayr bekam Probleme mit einem auf Genesung befindlichen HJ-Führer. Dieser setzte justament den wöchentlichen Appell am Sonntag um zehn Uhr zur Zeit des Hochamtes an. Es wurde aber Einigung erzielt und der Appell auf Sonntag, 14 Uhr verlegt. Es kam daher auch nach dem Ende des Krieges zu keinen einschneidenden Sanktionen gegenüber Amtsinhabern.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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