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Gerhard Winkler

Erinnerungen von Gerhard B. Winkler

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Ermordung des Gendarmerieinspektors Beyerl
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SchuleintrittDie Ermordung des Gendarmerieinspektors BeyerlMeine Familie


Viele Stunden unserer Kindheit vor der Volksschule und auch nachher verbrachten wir in der Stiftsgärtnerei, wobei die Dächer der zahlreichen Hütten und Scheunen, die Blutbuche im Stiftspark als Kletterbaum, die Kastanienbäume in der Allee mit ihren Kavernen, die lang gezogenen Mauern und schmiedeeisernen Gitter eine besondere Anziehung ausübten.
Meine Familie

Foto: Im Stiftspark, vermutlich 1934. V.l.n.r.: Alois Winkler, Stiftsobergärtner, Cäcilia geb. Mahringer, Mutter, Paul Winkler, Erstkommunikant (*1927, ?1934), Bernhard Winkler (*1931), Marianne Winkler (*1932)

Mein Vater überließ die Erziehung weithin der Mutter, mit dem Hinweis, dass sie es besser verstehe, war aber immer präsent für Not- und Konfliktsfälle. Die Mutter hielt uns wie eine Glucke zusammen. War sie einmal nicht gegenwärtig, konnte sie uns stimmlich erreichen. Eine Segenandacht in der Stiftskirche um 14 Uhr Nachmittag an einem strahlend heißen Sonntag blieb mir in Erinnerung. Wir waren unter Anführung meines älteren Bruders Paul auf einem der Dächer im Spiel vertieft. Da rief uns die Mutter über Straße und Gartenmauern hinweg wie ein Muezzin zum Gebet. Wir grollten. Aber die Andacht und die kühle Kirche blieben mir unvergesslich. Ich wurde durch das Ereignis auch nicht religiös geschädigt. Wenn ich im Plural spreche, war damals meine etwas jüngere Schwester Marianne selbdritt von der Partie. Da wir nur ein gutes Jahr auseinander lagen, hielten uns manche für Zwillinge. Die Geburt unseres jüngeren Bruders Justin (1936) wurde von uns Kindern schon als eine Art Weihnachten erlebt. Den Namen bekam er nach dem Wilheringer Missionsabt Justin Wöhrer, der damals auf Heimatbesuch war und von meinen Eltern wie ein Heiliger verehrt wurde. Ich sehe ihn heute noch vor dem Körbchen meines Bruders knien und beten. Wir älteren Geschwister wurden vielfältig zu seiner Betreuung herangezogen. Wir pflegten den Säugling mit Liedern in den Schlaf zu singen – z. B. mit den "Blauen Dragonern" oder dem Seemannslied "Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord".

Vor allem mein älterer Bruder Paul war erfinderisch, das uns anvertraute Kleinkind in auch gewagte Spiele hineinzuziehen. Das waren rasche Fahrten mit dem Leiterwagen, Kletterpartien auf den Bäumen des Stiftsparks mit Installation von Aufzügen u. Ä. Als Justin von einer epidemischen Meningitis 1939 mit drei Jahren hinweggerafft wurde, bedeutete das für meine Mutter vor allem eine einschneidende, auch religiöse Krise. Die Epidemie, der 200 Kinder in Linz zum Opfer fielen, war angeblich durch die Truppenbewegungen verursacht worden, die dem Jahr 1938 folgten. Es war erst ein Vorspiel des großen Sterbens.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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