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Gerhard Winkler

Erinnerungen von Gerhard B. Winkler

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Kunst u. Zeitgeschichte:
Herbert Friedl - Maler,Grafiker; Objekt- und Raumkünstler

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Beschlagnahme des StiftesHausdurchsuchungDer neue Schulalltag


In der Schule merkte man sofort den neuen Ungeist. Die Lehrer ließen sich so wie auch die Gendarmen in der Kirche höchstens wie weiland Nikodemus sehen, nämlich bei der Hintertür und bei der Frühmesse. Sie hatten offensichtlich Weisungen. Der Oberlehrer musste uns politisch indoktrinieren. Als Erstes erinnere ich mich an die manipulierte Volksabstimmung. Es wurde uns genau das Feld gezeigt, wo die Eltern ankreuzen sollten, dass ein 99-prozentiges Ergebnis herauskäme. Der "grüne Heinrich" mit seinen vergitterten Fenstern fuhr gespenstisch durch die Gegend. Wir fürchteten die ersten Wochen, dass sie unseren Vater auch abholen könnten. Später stellte sich heraus, dass die unheimlichen Autos auch nach Hartheim fuhren.

Der Oberlehrer Leibetseder machte seinen politischen (heute würde man sagen "staatsbürgerlichen") Unterricht auf Geheiß, aber mit geringer Begeisterung. Bis zum heutigen Tag ist mir in Erinnerung geblieben, dass der Nationalsozialismus ein Sozialismus sei. Der Oberlehrer erklärte das mit dem revolutionären Rot der Hakenkreuzfahne. Das Nationale sah er durch die schwarze Swastika, das heidnisch gedeutete Sonnenrad, ausgedrückt. Erst später erfuhr ich, dass das Hakenkreuz zwar ein mittelalterliches Ornament war, aber von den neuen Machthabern zur Verspottung des christlichen Heilszeichens verwandt wurde.

Eines Tages wurden wir Taferlklassler von den älteren Bandenführern, dem Franz Hübsch vom früheren Deanahäusl neben dem heutigen Haus Dobner (wo jetzt die Familie Allerstorfer wohnt), den Ehremann-Buben aus dem Braunsbergerhaus in der Höf und, wenn ich
mich recht erinnere, dem Holler Franz zu einem "Jugendaufbruch" nach Edramsberg vergattert. Wir wurden in Marschordnung formiert. Anders als in der Ministrantenordnung marschierten vorne die Größeren und hinten die Kleineren. Ich glaube, wir sangen auch bei diesem Anlass die "Blauen Dragoner". Unser Katechet traf uns noch bei unserem mühsamen Vergatterungsritual, um uns noch gute Ermahnungen zwecks Wohlverhalten unter den geänderten Verhältnissen zu geben. Ich dachte mir damals schon: "Lieber Herr Katechet, deine Ermahnungen sind hier eigentlich nicht mehr ganz am Platz. Die Zeit ist über dich hinweggerollt."
So marschierten wir los. Es war alles eigentlich sehr öde. Auf dem Edramsberg wurden wir in einem nationalen Bauernhof als die Hoffnung des Führers stolz begrüßt. Der junge Bauerssohn, der nach dem Willen unserer Bandenchefs zum Fähnleinführer ausersehen war, fühlte sich über den Rapport des Hübsch Franz aus dem Deana-Häusl geschmeichelt, errötete leicht, war aber organisatorisch und didaktisch völlig überfordert. So spielten wir etwas Völker- und Fußball auf der bäuerlichen Gstettn. Aus Mangel an Programm und wegen der fehlenden Führerqualitäten von Franz Hübsch u. Co. blieb mir ein Nachgeschmack von Langeweile für das ganze künftige Dritte Reich. Auch die schönste Brustschnur des Deil Karli, des Jungzugsführers, half mir später über den Eindruck der Tristesse nicht hinweg. Nur Richard Beyerl, dessen Vater sie erschossen hatten, konnte spannende Geschichten erzählen. Er wurde auch später nach einer schweren Gesichtsverletzung an der Front zum Leutnant befördert, was uns Jungen überaus imponierte.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

Näheres zum Projekt, sowie zur detaillierten Publikationsliste (Stand Oktober 2007) ...