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Um Jugend und Leben betrogen

Das bedrückende Schicksal von drei deutschen Teenagern im Mühlviertel zu Ende des zweiten Weltkriegs

Wieviel wert ist ein Menschenleben?
Limitation der Nachforschungen
Zu den Angaben auf der Grabtafel

Das Kriegsende in Eidenberg
Das letzte Aufgebot, Volkssturm und Hitlerjugend

Die drei Hitlerjungen
aus Sachsen:

Erich Erhard Brandt
Eugen Walter Menzel
Paul Martin Fritz Galle

Ungeklärte Fragen und Widersprüche:

Feststellung der Identität
Truppenzugehörigkeit
Die SS-Angehörigkeit
Desertion bei Traun
Schlussfolgerung

Das Waldgrab in der Kühhalt

Die Umbettung 1968
Die letzte Ruhestätte
Ein pikantes Detail am Rande
Schlussbemerkung
Danksagung

Antwortbrief von Familie Brand an Schuldirektor Bitzan

Antwortbrief von Familie Brand an Schuldirektor Bitzan

Antwortbrief von Familie Brand an Schuldirektor Bitzan.

Antwortbrief von Familie Brand an Schuldirektor Bitzan

Antwortbrief von Familie Brand an Schuldirektor Bitzan

Quelle: Schulchronik, Band 6, Seite 109.

Das Waldgrab in der Kühhalt


Aquarellzeichnung von Hugo Giegle

Quelle: Gielge H. Die Gefallenen aus der Gemeinde Eidenberg. Illustriertes Manuskript. Aquarellzeichnung von Hugo Gielge.

Das erste Grab in der Kühhalt gestaltete laut Schulchronik der Hilfslehrer Alfons Walter. Ein Schmiedeeisenkreuz in Form eines Eisernen Kreuzes trug die Namen der Gefallenen. Ein Stahlhelm lag am Fuße des Kreuzes. Eine Steinumrandung fasste das Grab ein. Das Grab wurde zu Allerseelen immer von den Schülern der dritten Klasse geschmückt.(112) Hugo Gielge hielt das Waldgrab in einer Aquarellzeichnung fest.(113)

Als Volksschuldirektor Gerard Bitzan im Mai 1953 bei einem Spaziergang zum Waldgrab kam, fand er dieses in einem desolaten Zustand vor. Das Kreuz war zur Erde geneigt, der Querbalken lag auf dem Boden. In den Helm hatten Ameisen einen Haufen gebaut. Das Grab selbst war von Unkraut völlig überwuchert. Bitzan nahm das Kreuz mit nach Hause, reparierte und strich es und setze es wieder an den ursprünglichen Platz.

Dritte Klasse der VS Eidenberg am Waldgrab am 30.11.1954.

Dritte Klasse der VS Eidenberg am Waldgrab am 30.11.1954. Foto: Schulchronik Band 6, Seite 91.

Mit seiner Gattin bepflanzte er die Grabstätte neu.(114) Bitzan führte die Tradition der Allerseelenfeier fort. Am letzten Schultag vor Allerheiligen besuchte er mit den Kindern der dritten Klasse das Waldgrab. Die Kinder richteten das Grab her und schmückten es mit Blumen. Direktor Bitzan hielt eine kleine Gedenkfeier ab. Mit den Kindern sang er Lieder wie „Üb immer treu und Redlichkeit“ und betete ein Vater unser. Auch „Der gute Kamerad“ durfte nicht fehlen.(115)
Ein Foto von der Gedenkfeier schickte er an die Familie Brand nach Doberschütz.
Der Antwortbrief sei hier wiedergegeben:(116)



VS-Direktor Gerard Bitzan (4. v. li.) und Pfarr-Expositus P. Wolfgang Reingruber im Kreise der Lehrerkolleginnen anno 1954

VS-Direktor Gerard Bitzan (4. v. li.) und Pfarr-Expositus P. Wolfgang Reingruber im Kreise der Lehrerkolleginnen anno 1954. Foto: Schulchronik Eidenberg, Band 6, Seite 57.

Doberschütz, den 12. 12. 1954

Werther Herr Bizan!

Sie können sich nicht vorstellen, was für eine große Freude sie uns bereitet haben, wenn es uns auch sehr weh tut, daß Sie uns wieder mal ein Bild von Seiner Ruhestätte und noch bei einer Feierstunde mit ihren lieben Schulkindern geschickt haben. Einen Sohn wie Erhard, ein treues Kind v. 16 Jahren, wissen nur die Eltern was es heißt ihn verloren zu haben. Es freut uns zu wissen, daß dort wo unsere lieben Kinder ruhen, auch liebe Menschen wohnen. Lieber Herr Bizan, haben Sie vielen Dank für Ihre Bemühungen, besonderen Dank Ihren lieben Schulkindern, für die Ehrung, die Sie unseren lieben Gefallenen zukommen lassen, hoffentlich kommt doch noch mal die Zeit, wo auch ich mal die Grabstätte unserer Kinder besuchen kann. Ein Bild und eine Zweitschrift Ihres Briefes habe ich der Familie Galle in Krostitz zukommen lassen. Lieber Herr Bizan nun wünschen wir Ihnen, Ihrer Familie u. ihren Schulkindern ein frohes und gesundes Weihnachtsfest u. Neues Jahr.

Nochmals viele Grüsse
v. Familie Erich Brandt


VS-Direktor Gerard Bitzan (4. v. li.) und Pfarr-Expositus P. Wolfgang Reingruber im Kreise der Lehrerkolleginnen anno 1954

Der Zeitungsartikel über die Grabpflege der Eidenberger Schulkinder. Quelle: Schulchronik, Band 6, Seite 91.

Für die Grabpflege durch die Schulkinder erhielt die Volksschule Eidenberg großes Lob. Sogar eine Zeitung widmete der Schule einen kurzen Artikel, der ausgeschnitten in die Schulchronik eingeklebt wurde. Darüber hinaus stellte das Oberösterreichische Schwarze Kreuz den Kindern eine Anerkennungsurkunde aus.(117)

Nachdem Dir. Gerard Bitzan den Ruhestand angetreten hatte, übernahm im September 1955 Dir. Josef Jirosch die Leitung der Schule.(118) Auch Dir. Jirosch führte die Pflege des Waldgrabes mit den Schulkindern weiter.

Vor Allerheiligen besuchte er mit der dritten Klasse das Grab, schmückte es mit den Kindern und hielt, wie schon sein Vorgänger, eine schlichte Feier ab: paar Worte des Gedenkens, ein kurzes Gebet und das Lied „Ach Himmel, es ist verspielt“. „Der gute Kamerad“ schloss die Feier.(119) Jirosch ließ das Grab neu gestalten. Das alte Grabkreuz wurde entfernt und durch ein neues schlichtes Eisenkreuz ersetzt, an dem die eingangs beschriebene Grabtafel angebracht war.(120) Vor der traditionellen Feier erhielten im Oktober 1958 Grabhügel und Weg eine neue Steineinfassung, es wurde gejätet, das Grab frisch bepflanzt, Helm und Kreuz gestrichen und sogar eine Ruhebank vor dem Grab aufgestellt.

VS-Direktor Gerard Bitzan (4. v. li.) und Pfarr-Expositus P. Wolfgang Reingruber im Kreise der Lehrerkolleginnen anno 1954

Neu gestaltetes Waldgrab im Oktober 1958. Foto: Schulchronik Band 6, Seite 396


Volksschuldirektor und Obmann des Kameradschaftsbundes Josef Jirosch war das Grab ans Herz gewachsen. In den Turnstunden richtete er mit den Kindern der Oberstufe immer wieder die Grabstätte her, schmückte sie mit Blumen und putzte den Weg zum Grab.(121) Aber auch Leute aus Eidenberg bemühten sich um die letzte Ruhestätte der drei Jungen aus Deutschland.(122), (123) Manche Mutter eines gefallenen Sohnes hielt vor dem Grab inne zu einem stillen Gebet.(124).


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Anmerkungen:
(112) Chronik der Schule Eidenberg, Band 5, Seite 122-123.
(113) Gielge H. Die Gefallenen aus der Gemeinde Eidenberg. Illustriertes Manuskript. Aquarellzeichnung von
Hugo Gielge.
(114) Chronik der Schule Eidenberg, Band 5, Seite 123.
(115) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 91.
(116) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 91. Der Brief ist in die Chronik eingeheftet.
(112) Chronik der Schule Eidenberg, Band 5, Seite 122-123.
(113) Gielge H. Die Gefallenen aus der Gemeinde Eidenberg. Illustriertes Manuskript. Aquarellzeichnung von Hugo Gielge.
(114) Chronik der Schule Eidenberg, Band 5, Seite 123.
(115) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 91.
(116) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 91. Der Brief ist in die Chronik eingeheftet.
(117) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 91 und 109.
(118) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 201.
(119) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 322.
(120) Chronik der Schule Eidenberg, Band 6, Seite 396.
(121) Zeitzeugengespräch mit Alois Ratzenböck vom 31.1.2014.
(122) Chronik der Schule Eidenberg, Band 8, Seite 117.
(123) Chronik des Kameradschaftsbundes Eidenberg, Band 1. Seite 30.
(124) Winkler F. Unsere Heimat im Zweiten Weltkrieg. Rohrbach 2010. Seite 93.nach oben