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Um Jugend und Leben betrogen

Das bedrückende Schicksal von drei deutschen Teenagern im Mühlviertel zu Ende des zweiten Weltkriegs

Wieviel wert ist ein Menschenleben?
Limitation der Nachforschungen
Zu den Angaben auf der Grabtafel

Das Kriegsende in Eidenberg
Das letzte Aufgebot, Volkssturm und Hitlerjugend

Die drei Hitlerjungen
aus Sachsen:

Erich Erhard Brandt
Eugen Walter Menzel
Paul Martin Fritz Galle

Ungeklärte Fragen und Widersprüche:
Feststellung der Identität

Truppenzugehörigkeit
Die SS-Angehörigkeit
Desertion bei Traun
Schlussfolgerung

Das Waldgrab in der Kühhalt

Die Umbettung 1968
Die letzte Ruhestätte
Ein pikantes Detail am Rande
Schlussbemerkung
Danksagung

Ungeklärte Fragen und Widersprüche:

Die Feststellung der Identität

Widersprüchliche Angaben existieren zur Feststellung der Identität der Gefallenen. Stiftsförster Johann Deßl soll den drei Hitlerjungen vor der Beerdigung im Mai 1945 die Ausweise abgenommen haben und die Angehörigen verständigt haben. Der Neffe von Erhard Brandt, Michael Brand, berichtet ebenfalls, dass ein Förster die Familien vom Tod der Söhne benachrichtigt habe. Dem gegenüber schrieb VS Dir. Gerard Bitzan 1953 (!) in die Schulchronik, die Gefallenen seien im Wald ohne Sarg verscharrt worden und der Hilfslehrer Alfons Walter habe die Leichen nochmals ausgegraben, um deren Identität festzustellen.

Alfons Walter war von Herbst 1947 bis Sommer 1949 in Eidenberg als Lehrer tätig, während Dir. Bitzan erst im September 1950 in Eidenberg Einzug hielt und die Leitung der Volksschule übernahm.(87),(88) Bitzan konnte von der Exhumierung also nur mündlich erfahren haben, denn zu dieser Zeit war er noch nicht vor Ort. Von Walter Menzel existiert noch die Beorderung zum Deutschen Volkssturm. Das Dokument, das in die Pfarrchronik eingelegt ist, musste Walter Menzel bei sich getragen haben. Das Stück Papier wäre sicher nicht unversehrt erhalten geblieben, wenn es zwei Jahre in der feuchten Erde gelegen wäre. Was Alfons Walter bewog, die Leichen nochmals auszugraben, bleibt unklar. Die Identität war 1947 jedenfalls wohl schon bekannt. Auf der Kriegssterbefallanzeige von Walter Menzel scheint von der Rückseite des Blattes das Datum 23. Juli 1947 durch. Die Mutter von Walter Menzel, Anna Minna Menzel, erhielt am 15. August 1947 von der Gemeinde Delitzsch eine Vorladung in der Angelegenheit ihres Sohnes, wobei Familienstammbuch und Geburtsurkunde mitzubringen waren.(89) Mit 29. August 1947 ist der Brief der Pfarre Doberschütz datiert, in dem sich Pfarrer Köppe für die Eltern nach den Umständen des Todes ihrer Kinder erkundigte. Der Brief traf am 16. September 1947 in Eidenberg ein und enthält bereits Informationen, die nur von Eidenberg nach Sachsen gelangte sein konnten (Desertion, SS-Zughörigkeit).

Kriegerdenkmal in Krostitz

Foto: Die Vorladung welche Walter Menzels Mutter, Anna Minna Menzel, nach seinem Tod am 15. August 1947 von der Gemeinde Delitzsch erhielt.Quelle: Stadtarchiv Delitzsch



Wieso dieser Brief allerdings erst zwei Jahre nach 1945 geschrieben wurde, wenn Johann Deßl die Eltern unmittelbar nach dem Tod der Kinder verständigte, bleibt unklar. Lehrer Alfons Walter trat seinen ersten Dienstposten zu Beginn des Schuljahres 1947/48 in Eidenberg an, also im September.(90) Wenn die Vorladung durch die Gemeinde Delitzsch und in der Folge der Brief der Pfarre Doberschütz mit neuen Erkenntnissen aus einer allfälligen Exhumierung in Zusammenhang stehen sollten, müsste Walter schon zu Beginn der Sommerferien nach Eidenberg übersiedelt sein. Walter stammte aus Gallneukirchen,(91) das für eine Grabung im Rahmen eines Tagesausflugs von Eidenberg – bei den damaligen Verkehrsmöglichkeiten – doch zu weit entfernt liegt. Eine erst 1947 durch Lehrer Walter erfolgte Feststellung der Identität dürfte wohl auszuschließen sein.


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Anmerkungen:
(87) Chronik der Schule Eidenberg, Band 4, Seite 256, 289.
(88) Chronik der Pfarrexpositur Eidenberg, Band 1 (1912-1950), letzte Seite.
(89) Mitteilung des Stadtarchiv Delitzsch vom 13.1.2014: Vorladung der Gemeinde Delitzsch vm 15. August 1947.
(90) Chronik der Schule Eidenberg, Band 4, Seite 256.
(91) Chronik der Pfarrexpositur Eidenberg, Band 1 (1912-1950).
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