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Um Jugend und Leben betrogen

Das bedrückende Schicksal von drei deutschen Teenagern im Mühlviertel zu Ende des zweiten Weltkriegs

Wieviel wert ist ein Menschenleben?
Limitation der Nachforschungen
Zu den Angaben auf der Grabtafel

Das Kriegsende in Eidenberg
Das letzte Aufgebot, Volkssturm und Hitlerjugend

Die drei Hitlerjungen
aus Sachsen:

Erich Erhard Brandt
Eugen Walter Menzel
Paul Martin Fritz Galle

Ungeklärte Fragen und Widersprüche:
Feststellung der Identität

Truppenzugehörigkeit
Die SS-Angehörigkeit
Desertion bei Traun
Schlussfolgerung

Das Waldgrab in der Kühhalt

Die Umbettung 1968
Die letzte Ruhestätte
Ein pikantes Detail am Rande
Schlussbemerkung
Danksagung


Der Originalbrief der evangelischen Pfarramtes Doberschütz

Der Originalbrief der evangelischen Pfarramtes Doberschütz

Der Originalbrief der evang. Pfarramtes Doberschütz ist in den ersten Band der Chronik der Pfarrexpositur Eidenberg eingelegt und befindet sich im Pfarrarchiv.

Erich Erhard Brandt (9. 3. 1929 – 4. 5. 1945)

Anwerbeplakat der Waffen-SS, 1942

Bild oben: Erich Erhard Brand
Bild unten: Rückseite des Passbildes mit Stempel eines Fotografen in Eilenburg-Ost. Fotos: Michael Brandt, Doberschütz

Erhard Brandt wurde in Battaune in Doberschütz im elterlichen Haus geboren. Der Vater war Maurerpolier, die Mutter Hausfrau. Die Eltern betrieben daneben noch eine kleine Landwirtschaft mit etwas Grund, zwei Kühen, zwei Schweinen und zwei Ziegen. Erhard wuchs im Elternhaus auf und hatte einen um vier Jahre jüngeren Bruder. Wie damals alle Jungen war auch Erhard Mitglied der Hitler-Jugend und erhielt Schulungen in der Kaserne in Eilenburg.(67) In Eilenburg bestanden nicht nur ein HJ-Heim und ein RAD-Lager (Reichsarbeitsdienst), sondern kurz vor Kriegsende wurde auch ein Gefangenen- bzw. Zwangsabeiter-Lager als Ausbildungsstätte für Rekruten genutzt.(68) Nachdem Erhard Brandt noch in Sachsen eine Ausbildung zum Flakhelfer absolviert hatte,(69) dürfte er zum Kriegsdienst beordert worden sein. Sein Dienstgrad war offiziell SS-Soldat.(70),(71)

Erhard Brandt war gerade mal sechzehn Jahre alt, als er starb. Wie aus der Geburtsurkunde hervorgeht, ist das Geburtsmonat auf der Grabtafel von Eidenberg nicht korrekt wiedergegeben.(72) Der Name Erhard Brandt steht in seinem Geburtsort Doberschütz auf dem Kriegerdenkmal.(73)

Luftaufnahme von Eidenberg und dem Haiderberg

Das Kriegerdenkmal in Doberschütz, dem Geburtsort von Erhard Brandt.
Auch sein Name ist auf dem der Tafel des Kriegerdenkmals angeführt.
Fotos: Michael Brandt, Neffe von Erhard Brandt, Doberschütz





Wie Erhard Brand nach Oberösterreich kam, geht aus einer schriftlichen Anfrage des evangelischen Pfarramtes Doberschütz über Eilenburg vom 29. August 1947 hervor und ist hier im Originaltext wiedergegeben:(74)


EVANG: Pfarramt Tgb:Nr.58 (19a) Doberschütz üb. Eilenburg, 29.8.1947.

          Provinz Sachsen-Anhalt.

An das Pfarramt zugehörig zu
          E I D E N B E R G Post Gramastetten.


Mit einer herzlichen Bitte wenden wir uns an das dortige Pfarramt um Auskunft über einen gefallenen Soldaten Erhard Brandt, der laut Mitteilung der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht in Berlin-Frohnau in Eidenberg beerdigt sein soll.
Erhard B R A N D T, geb. 9. 3. 1929 in Battaune über Eilenburg Kreis Delitzsch, fuhr am 15. April 1945 im Alter von 16 Jahren mit der Hitler-Jugend auf Rädern über Dresden-Saaz nach Budweis und nach Traun bei Linz und bekam den Anmeldeschein für die SS: er sollte also SS Soldat werden.(75) Ursprünglich war er Reichsbahn-Junghelfer. Dort bei Traun ist er mit noch 2 anderen etwa gleichaltrigen Kameraden Fritz G a l l e aus Krostitz und Walter M e n z e l aus D e l i t z s c h „abgerückt“ und entweder von der SS wegen Fahnenflucht erschossen oder, wieder eingestellt, im Kampf gefallen. Die Eltern, die jetzt erst die Nachricht erfahren haben, wären sehr dankbar, wenn sie Näheres über seinen Tod, die Beerdigung und die Grabstelle erfahren könnten. Von welcher Bahnstation der Stecke Linz-Aigen ist Eidenberg zu erreichen und mit wieviel km.? Auch die Eltern der vermissten Hitlerjungen Galle und Menzel würden gerne erfahren, ob dort vielleicht Gräber von unbekannten Soldaten sind, da sie von der oben genannten Dienststelle keinerlei Auskunft bekommen konnten.

Mit herzlichem Dank für alle Bemühungen und christlichem Gruss
Köppe, Pfarrerz


Weiter: Eugen Walter Menzel (12. 5. 1930 – 4. 5. 1945)
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Anmerkungen:
(67) Mitteilungen von Michael Brandt, Doberschütz, Sohn des jüngeren Bruders von Erhard Brandt. E-Mail Verkehr vom Jänner 2014 und vom 4.3.2014.
(68) Mitteilung des Stadtmuseums Eilenburg vom 30.1.2014.
(69) Mitteilungen von Michael Brandt, Doberschütz, vom 4.3.2014.
(70) Unterlagen des Oberösterreichischen Schwarzen Kreuzes, Umbettungsbericht U.-Nr.206-208 vom 23. Juli 1968.
(71) Bezüglich der SS-Zugehörigkeit siehe nachfolgendes Kapitel „Ungeklärte Fragen und Widersprüche“.
(72) Geburtsurkunde von Erhard Brandt. Zu Verfügung gestellt von Michael Brandt.
(73) Mitteilungen von Michael Brandt, Doberschütz, Sohn des jüngeren Bruders von Erhard Brandt. E-Mail-Verkehr vom Jänner 2014.
(74) Originalbrief als Beilage in der Chronik der Pfarrexpositur Eidenberg, Band 1 (1912-1950).
(75) Bezüglich der SS-Zugehörigkeit siehe nachfolgendes Kapitel „Ungeklärte Fragen und Widersprüche“.

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